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Göttingen ist die größte Stadt Südniedersachsens. Bekannt für seine Universität mag es erstaunen, dass die Stadt mit quasi lebenden Zeugen aus dem zweiten Weltkrieg konfrontiert ist: Nördlich des heutigen Stadtteils Grone liegen Blindgänger. Der damaligen Militärflughafen sowie kriegsrelevante Einrichtungen wurden 1944-45 von den Alliierten bombardiert. Entdeckt wurden scharfe Bomben mit Langzeitzündern im Zuge von Bauarbeiten 2010, bei deren Entschärfung ein tragischer Unfall geschah. Seit 2020 wird mit Hilfe von Kriegsluftaufnahmen systematisch nach weiteren Blindgängern gesucht. Zum Zeitpunkt der Ausstellung wurden um die 70 weitere potentielle Blinldgänger in dem Terrain vermutet.
Mit der Fallstudie Göttingen wird gezeigt, welchen Aufwand eine Entschärfungsaktion für eine Mittelstadt verursacht: Eine mehrere Monate dauernde Vorbereitungszeit ist notwendig, um das Terrain und die Fundstellen für die Entschärfung zu sichern; um die 10.000 Anwohner*innen müssen evakuiert werden, unterstützt von ca. 800 Ordnungskräften und Freiwilligen sowie den essentiellen Akteur*innen, den Sprengberechtigen. Der Kostenaufwand beträgt jeweils um die 2 Millionen Euro, die im städtischen Budget nicht vorgesehen sind.
Die Fallstudie Göttingen steht exemplarisch für viele Städte, die bis heute mit den Gefahren von über 80 Jahre alten Kriegsaltlasten mitten im Alltag zu ringen haben.